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Demokratie

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Demokratie

Die Macht der Mehrheit. Genauer: die Macht einer ausgewählten Gruppe. Der Polis. Oder die Macht der Minderheit mit dem meisten Geld.

Wer kann sich noch erinnern, als wir über 6 Wochen Ferien abgestimmt haben? Wer hätte diese Ferien gebrauchen können? Alle, die wirklich nur 4 Wochen Ferien haben im Jahr. Wie es dabei herausgekommen ist, wissen ja wohl noch viele. Es wurde abgelehnt. Und wieso? Weil die meisten, die es gebraucht hätten, gar nicht abstimmen durften und die, die abstimmen durften, dachten nur an sich selbst, denn sie hatten ohnehin schon mehr als 6 Wochen Ferien im Jahr. So ist es wohl auch mit der 13. AHV.

Die, die es gerne haben wollten, konnten abstimmen, waren schon in der Mehrheit und profitieren sofort davon. Das ist vielleicht der Unterschied von einer stillen Abstimmung zu einer öffentlichen Abstimmung an einem offenen Platz. Beim ersteren können wir besser nur an uns selber denken. Beim zweiten können wir in Diskussionen verwickelt werden, wenn der Nachbar anders abgestimmt hat und er dies eben sieht, wenn ich meine Hand hochgehalten habe. Welche Variante demokratischer ist, ist umstritten. Die zweite Variante, die auch die ältere Variante der Demokratie ist, scheint demokratischer zu sein, da mehrheitsfähiger Abgestimmt wird und man sich dem Druck der Masse eher unterordnet. Genau dies kann wiederum undemokratischer machen, eine unfreie Stimme ist nicht wirklich eine demokratische Stimme. Schliesslich aber haben beide Varianten Vor- und Nachteile, denn die Stimmenden können gut im Vorhinein bearbeitet werden, damit ein bestimmtes Resultat erzielt wird.

Oben habe ich noch die Polis erwähnt. Die bestimmende, übergeordnete Auswahl von Menschen und Organisationen, die viel mehr Macht hat als jeder Einzelne und sich aber demselben Mechanismus wie jeder einzelne bedient, konnte dieses Mal direkt davon profitieren und hat sich dementsprechend auch nicht dagegen gewehrt. Bei den 6 Wochen Ferien hatte sich die Polis gewehrt, weil sie glaubte – und es auch wohl so gewesen wäre –, dass ihre (Mit-)Arbeiter profitiert hätten und es an ihr persönliches Portemonnaie gegangen wäre. So wie dieses Mal auch, aber nur in der umgekehrten Art und Weise. Dass bei der 13. AHV auch andere davon profitieren können, wird als Solidarität gewertet. Bei den 6 Wochen Ferien wäre es ja keine Solidarität gewesen, wenn andere hätten profitieren können. Das wäre dann schmarotzerisch gewesen.

Soviel zu unserer beeinflussbaren Demokratie. Vielleicht noch etwas kurzes dazu. Wer konnte abstimmen, ob die Strompreise sich verdoppeln dürfen? niemand, denn uns wurde Angst eingejagt, dass wir bald keinen Strom haben könnten und so haben wir die Verteuerung einfach geschluckt, so wie damals auch die Abermillionen Franken für die UBS usw. So, als würde mehr Geld mehr Strom erzeugen.

Naja, mit der Zeit und mit den Jahren werden solche Dinge, die unser Leben schon noch recht direkt beeinflussen, durchschaubarer. Aber was können wir dagegen tun? Das Einzige, was uns bleibt, ist eben dieser Mechanismus der Mehrheit. Nur braucht dieser etwa ein halbes Leben und sehr viel Geld, um vielleicht etwas zu bewegen, denn von anderer Seite kommt oft mindestens nochmals so viel Kraft in Bewegung. Daher ist diese 13. AHV Initiative ein Erfolg. Ich gönne es den studierenden Kindern der Babyboomer, die meistens sowieso nicht wissen, wohin sie mit dem vielen Geld ihrer Eltern sollen. Es hat aber wirklich diese Mehrheit gewonnen, die es wollte. Und nicht die Mehrheit, die am meisten eingeschüchtert wurde, respektive eben die Minderheit, die am meisten Geld hatte, die sich eben diesem Mechanismus auch bedienen kann, weil der Mensch beeinflussbar ist.

Jetzt noch weiter und komplizierter gedacht. Alle, die abstimmen, sind nicht die Mehrheit der Bevölkerung. Diejenigen, die Ja oder Nein sagen, respektive gewinnen, sind oft ein wenig über 50% der etwa 30% derer, die abstimmen dürfen. Und auch die, die abstimmen dürfen, sind im Vergleich zur gesamten Bevölkerung weniger als 50%. Das ist eben die moderne Polis. Ich will jetzt nicht behaupten, Nietzsches Voraussage aus Jenseits von Gut und Böse währe komplett wahr, dass die «Demokratisierung Europas auf die Erzeugung eines zur Sklaverei feinsten Sinne vorbereiteten Typus hinausläuft.» Das war vor etwa hundert Jahren. Ob sich die Voraussage bewahrheitet hat, kann sich jeder selber ausdenken. Vor allem wenn wir ausserhalb der Schweiz blicken.

Wir haben es gut. Und ich hoffe, dass es auch so bleibt. Zwischen Nietzsche und uns sind zwei Weltkriege. Ich bezweifle, dass er sich die nahe Zukunft jemals so vorgestellt hat. Hier sind ein paar Wörter aus den deutschsprachigen Zeitungen der letzten Monate komprimiert zusammengestellt:

«Kriegstauglich», «kriegsbereit», «wehrhaft», «abwehrbereit», «kriegsfähig», «kriegstüchtige Truppe», «Bedrohungslage», «verschärfte Bedrohungslage», «für den Kriegsfall optimal aufgestellt», «Gegenschlag» usw.

Naja, dazu muss ich nicht viel sagen. Ich will auf keinen Fall schwarz malen, lieber schwarze Zahlen schreiben. Diese Tendenz ist aber offensichtlich. Vielleicht kommt es schliesslich zum «totalen Krieg». Dass es reichen könnte, alle Munition, die wir haben, in 1000 Trockenübungen wegzuschiessen und alle Kriegsgeräte zu verpulvern, um wieder neue zu bauen, also zu kaufen, wie etwa ein «Iron Dome» für Europa, eine Armee für Europa und so weiter, ist zu hoffen. Schliesslich ist dem Kalten Krieg eine einigermassen gute Zeit gefolgt.

Ja, entschuldige bitte dieses fahle Gefühl. Was können wir dagegen machen? Gegen diese mächtige Minderheit?

Das ist alles Gut oder Böse. Und wir sollten jenseits davon gelangen. Oder ins Jenseits. Das klingt aber alles so pathetisch und missverständlich. Wir müssen da einfach nicht mitmachen. Und jetzt werde ich wohl viele aufwühlen, denn die Antwort ist so unglaublich einfach. Wir können einfach nicht mitmachen! Stell dir vor, es gibt Krieg und niemand geht hin. Als Teenager habe ich mal diesen Satz gelesen und der ist geblieben. Und wir sollten bleiben und nicht kriegslustig werden!

Hiermit plädiere ich an all jene, die die 13. AHV geniessen wollen und jene, die darauf hoffen, sie jemals zu erhalten, nicht kriegslustig zu werden. Wie wir mit der 13. AHV gesehen haben, können wir uns in der Schweiz einigermassen wehren. Und genau so müssen wir uns wehren, uns nicht in den Krieg einmischen zu lassen mit irgendwelcher Propaganda. Der Schlüssel dazu ist unsere Neutralität. Und wir wissen, dass wir dies können.

In Liebe die Diebe

 

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